Lernprozesse aus strategischer Sicht – Wissensmanagement

 

Lebenslanges Lernen. Stetige Weiterentwicklung unserer Kompetenzen und der Umgang mit einer Vielzahl von Informationen und Reizen stellen die Herausforderungen unserer Zeit dar. Wer im größer werdenden beruflichen Wettbewerb bei begehrten Positionen mithalten will, sieht sich gefordert permanent sein Wissen und seine Fähigkeiten auszubauen oder zu vertiefen. Wissen ist Macht so heißt es oft. Doch was wird überhaupt unter Wissen verstanden? Welche Voraussetzung müssen geschaffen werden, damit Wissen weitergegeben werden kann? Denn nicht zuletzt stellt sich für Dozenten, Trainer oder Personalentwickler die Frage, wie Wissen optimal aufbereitet, trainiert und nachhaltig gefestigt werden kann. Die Ausarbeitung soll einen ersten Einblick in strategische Lernprozesse geben und erkennen lassen, welche Faktoren für das Managen von Wissen relevant sind.

„Mit dem Wissen wächst der Zweifel“, so einst ein Zitat von Johann Wolfgang von Goethe oder „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“ Ein Zitat das auf den griechischen Philosophen Sokrates zurückgeführt wird.
Goethe, der im 18. Jahrhundert nach Christus und Sokrates der gar 470 bis 399 vor Christus Geburt lebte, haben sich also bereits mit Wissen und Nichtwissen befasst. Doch was wird heute unter Wissen verstanden?

Nach Senge (1997) wird Wissen folgendermaßen definiert:
„Wissen ist letztlich die Fähigkeit, effektiv zu handeln, und somit an einen Menschen oder an eine Gruppe als Wissensträger gebunden“. Seiner Aussage nach ist Wissen also Personen gebunden und lässt diese effektiv handeln. Eine weitere Ergänzung bringt Reinmann-Rothmeier & Mandl 2006 ins Spiel. „Wissen wird aktiv, je nach Vorwissen, Motivation und Einstellung, vom Einzelnen konstruiert“

So kurz und einfach wie das letzte Zitat erscheint, so gehaltvoll ist es bei näherer Betrachtung. Denn es besagt, dass Wissen erst wertvoll ist, wenn es aktiviert wird. D. h. es nutzbar und einsetzbar gemacht wird. Ob dies gelingt, wird dem Vorwissen also der Vorerfahrung und so deute ich es, auch der Sozialisierung eines Menschen zugeschrieben. Es basiert auf der Annahme, dass Wissen sich erst im vollen Umfang entfalten kann, wenn bereits Vorkenntnisse z. B. zu einem fachlichen Bezug vorhanden sind. Im Gegenzug würde das bedeuten, dass bei nicht vorhandenen Vorkenntnissen, also bei neuen Inhalten, neues Wissen nicht möglich sei. Diese These kann jedoch durch das Münchner Wissensmanagement Modell widerlegt werden, in dem zwei weitere Maßnahmen Einfluss auf erfolgreiche Wissensgenerierung und Vermittlung nehmen. Darauf gehe ich später genauer ein.

Weiter beinhaltet das Zitat die Annahme, dass Motivation und Einstellung für die Wissensaktivierung eine wichtige Rolle spielen. Hierbei sind wir bereits in tieferen Persönlichkeitsstrukturen, die im Wertesystem eines Menschen verankert sind. Fraglich ist, inwieweit bei einem Menschen, der eine reduzierte Motivation zur Wissenserweiterung hat, eine Veränderung hin zu einer aktiven Wissensgestaltung erfolgen kann. Wie groß müsste die von außen aktivierte Irritation sein, die für einen Change Prozess notwendig ist, um einen Menschen in seiner Wertebasis zu verändern bzw. zu bewegen?

Auch darauf gibt das Zitat indirekt eine Antwort. Der Umgang mit Wissen und die Aufnahme von Wissen sind abhängig von der jeweiligen konstruierten Wirklichkeit des einzelnen. D. h. wie jeweils der einzelne Mensch seine Umwelt wahrnimmt, verarbeitet und Rückschlüsse daraus zieht. Hier passt das Zitat von Sokrates „Ich weiß, dass ich nichts weiß“. Meine Deutung dieser Aussage ist, dass Sokrates in seiner konstruierten Wirklichkeit wahrgenommen hat, nicht alles wissen zu können und erhebt durch diese Aussage keinen Anspruch auf Allwissenheit und vollständige Weisheit. Gleichzeitig drückt er indirekt damit aus, dass er vieles weiß und aus diesem Grund ihm klar ist, dass er vieles wiederum nicht weiß. Eine andere Person hätte mit dem gleichen Wissen wie Sokrates ggf. in der eigenen Wahrnehmung und Wirklichkeitskonstruktion einen Allwissenheitsanspruch deutlich gemacht.

Abschließend soll die Unterscheidung von Daten, Information und Wissen zu einer weiteren Klarheit zu dem Thema Wissen beitragen. Es werden drei Begrifflichkeiten folgendermaßen unterschieden:

Daten sind erst einmal sinnvoll kombinierte Zeichen, die ohne weiteren Informationsgehalt wirkungs- und bedeutungslos sind. Erst durch die Information, die diese in einen Problemzusammenhang bringt, werden Daten zu sinnvollen Informationen, die eine Zielerreichung bewirken können. Dies mündet dann in Wissen, wenn die Information mit persönlichen Erfahrungen angereichert wird und somit eine sinnstiftende Situationsbewältigung entsteht. Es kann demnach postuliert werden, dass erst durch sinnvolle Kombination von Daten, Informationen und Vorerfahrung des Einzelnen, Wissens entstehen kann.

Die Wissensaktivierung und Verarbeitung stellt somit einen individuellen Prozess dar, der durch Persönlichkeitsmerkmale, soziale Prägungen und Vorwissen beeinflusst wird.

Eine hilfreiche Weiterführung der vorherigen Inhalte ist der Auszug aus dem Münchner Wissensmanagement Modell nach Reinmann-Rothmeier und Mandl (2000). Dieses Modell verbindet das organisationale und das individuelle Managen von Wissen und beinhaltet eine ganzheitliche Betrachtung von Mensch, Organisation und Technik. Diese Bereiche bilden die drei Standbeine des Wissensmanagements. Weiterführend sind vier Prozesskategorien für das Wissensmanagement entstanden. „Wissensrepräsentation, Wis-senskommunikation, Wissensgenerierung und Wissensnutzung“ (Mandl & Winkler, 2012).

Ich möchte verstärkt auf die Wissensgenerierung und Wissensnutzung eingehen, da dies im Unternehmen wichtige Erfolgsfaktoren des Wissensmanagements sind.
„Im Mittelpunkt der Wissensgenerierung steht die Entwicklung neuer Fähigkeiten (…)“ (Mandl & Winkler, 2012). Wie bereits erwähnt hat jedes Individuum seine eigene Wirklichkeitskonstruktion, die bei der Wissensgenerierung Beachtung finden sollte. Aus diesem Grund soll folgendes berücksichtigt werden:

• neues Wissen muss mit vorhandenem Wissen verknüpft werden
• die neuen Wissensinhalte müssen auf das Wesentliche reduziert werden
• den neuen Inhalten Bedeutungsbeziehungen geben

Auf der individuellen Eben kann dies durch Lerngemeinschaften gefördert werden in denen es darum geht neues Wissen zu entwickeln, sich auf die Kernelemente zu fokussieren und das Neue in den eigenen Kontext zu setzen. Eine andere Option auf der organisationalen Ebene ist es, Wissen von außen zu generieren, indem z. B. externe Berater zu Rate gezogen werden. Es kann somit konstatiert werden, dass durch den Transfer von neuem Wissen mit altem Wissen, von der Inhaltsreduktion auf Kernthemen und des in Beziehungssetzen z. B. zu einer konkreten Situation, neues Wissen verankert werden kann.

Bisher wurde dargestellt, was Wissen ist und welche Voraussetzungen erfüllt werden müssen um Wissen zu generieren und zu verknüpfen. Hinsichtlich der Fragestellung der Wissensverankerung und Aktivierung gibt das Münchner Wissensmanagement Modell Antworten unter der Prozesskategorie Wissensnutzung.

„Die Wissensnutzung umfasst Prozesse wie das Umsetzen von Wissen in Entscheidungen und Handlungen sowie die Transformation von Wissen in Produkte und Dienstleistungen.“ (Mandl & Winkler, 2012)

Um eine nachhaltige Aktivierung und Nutzung zu erzielen wird empfohlen, dass auf der Ebene des Individuums, neues Wissen ausprobiert werden kann damit Fehler keine Konsequenzen haben. Hierdurch wird der Druck von der lernenden Person genommen und diese ermutigt sich auszuprobieren. Weiter kann das eigene Wissen überprüft und genutzt werden, in dem einer anderen Person der Inhalt kommuniziert oder gelehrt wird. Je leichter die Wissenskommunikation fällt, desto höher ist die Anwendungswahrscheinlichkeit.
Durch den Aufbau von Kompetenzzentren kann in Organisationen Knowhow gesichert und genutzt werden.

Was jetzt noch fehlt? Ein Blick von der Wissensgenerierung und Wissensnutzung auf die ganz individuelle pädagogische und psychologische Ebene wie ein Mensch lernt……Weiter im nächsten Blog Beitrag