10 Führungsprobleme in Unternehmen

 

Joachim Sauer (Präsident des Bundesverbandes der Personalmanager) und Prof. Dr. Alexander Cisik (Professor für Wirtschafts-, Organisations- und Arbeitspsychologie an der Hochschule Niederrhein) haben mit Ihrer Feldforschung und empirischen Untersuchungsergebnissen 10 Thesen eruiert, die das Führungsdefizit und somit die Führungskompetenz näher betrachten. Führungsfehler kosten Unternehmen Millionen. Trotz dieser Erkenntnis nehmen sich Unternehmen viel zu wenig Zeit, um sich wirklich im Kern mit den Themen Führung, Führungskultur oder was bedeutet gutes Führungsverhalten auseinanderzusetzen. Aus diesem Grund sind wir als Personal- und Organisationsberatung immer bestrebt im Kern anzusetzen und einen Raum zu schaffen, der diese Auseinandersetzung fördert. Manager und Führungskräfte sind oftmals zu stark im Tagesgeschäft eingebunden, während die wichtige Strategiearbeit auf der Strecke bleibt. Ich gebe zu, es ist nicht leicht sich im Alltagsstress Zeit zunehmen, um immer wieder über strategische Abläufe und Ziele zu sinnieren. Deswegen bieten wir Trainings an, die Sie bei strategischen Führungsprozessen unterstützen. Unsere Arbeit zielt immer darauf ab, dass Sie nach einer gewissen Zeit selbst in der Lage sind, die gemeinsamen Prozesse ohne unsere Hilfe zu steuern. Oftmals bedarf es wie bei einem Auto mit schwacher Batterie, eine kleine Starthilfe, einen Impuls von außen. Zurück zu den 10 Thesen und Untersuchungsergebnissen von Sauer und Cisik.

1. Es führen hauptsächlich die Falschen
Eine spannende These, wie ich finde, die sicherlich nicht gerne in den Reihen der Führungskräfte gehört werden will. Vielleicht eher auf den Fluren der Unternehmen. Wie begründen die beiden Spezialisten diese These? Es werden überwiegend Mitarbeiter zu Führungskräften entwickelt / gemacht, die fachlich stark, lange dabei und entweder besonders durchsetzungsstark oder anpassungsfähig sind. Gemäß einer Studie der Hochschule Osnabrück aus dem Jahr 2010, werden diese Mechanismen verstärkt, je höher die Führungsposition ist. Auch unsere Erkenntnisse als Personal- und Organisationsentwickler zeigen, dass die Personalplanung für die hochrangigen Führungspositionen defizitär hinsichtlich Strategie, Zielkonsistenz, Bewertungsmaßstäben und Umsetzungswissen ist.

2. Echte Alternativen fehlen zur Führungslaufbahn
Wer nicht führen will, wird heut zu Tage schräg angeschaut. Im Privaten ist es meist eines der ersten Kennenlernfragen „Und was machst du beruflich?“. Was sagt man nun? „Du, ich bin Personalsachbearbeiter“. „Aha, und hast du ein Team, das du führst?“. „Och, nö, ich bin sehr zufrieden. Die Arbeit und die Aufgaben machen Spaß und ich muss nicht die ganze Verantwortung tragen“. „Aja“. Spätestens an dieser Stelle beginnt das Gegenüber (wenn es ein Mensch ist, der auf beruflichen Erfolg aus ist) abzuschalten und geht im Kopf, das nächste Date mit einem anderen Kandidaten durch. Ich frage mich, warum müssen wir immer nach oben wollen, gibt es denn nicht auch eine Laufbahn für Menschen, die einfach nur gerne und gut ihren Job machen wollen? Hinter jeder Bezeichnung fügen wir „Manager“ an. HR Manager, Social Media Manager oder Facility Manager. Klingt gut, aber mal ehrlich, muss das sein? Spätestens jetzt stellt sich die Frage nach der echten beruflichen Alternative. Mittels einer Laufbahn als, Achtung da ist es wieder, Projekt-MANAGER- versuchen Unternehmen eine Alternative aufzuzeigen. Reicht das aus? Wir sagen ganz klar NEIN. Häufig werden Mitarbeiter in Führungsaufgaben gedrängt, obwohl die Potentiale und Präferenzen deutlich dagegen sprechen. Das Einzige was das Unternehmen daraus erhält ist, sie gewinnen eine schlechte Führungskraft und verlieren eine hervorragende Fachkraft.

3. Vertrauensmangel beim Führen
Wer führen will, muss vertrauen können und ein hinreichendes Maß an Menschlichkeit besitzen. Mit einem vertrauensvollen Fundament können manch schwierige Konflikte gelöst werden. Die Beziehungsebene darf nie nachhaltig geschädigt werden. Vertrauen wird durch ehrliche Kommunikation und Authentizität erreicht. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Führungskräfte hinsichtlich ihres Kommunikationsverhaltens geschult und trainiert werden. Hierfür haben wir effektive Trainings und Seminare, die sich ausschließlich um die Thematik der Führungskommunikation drehen. Erfahren Sie mehr

4. Das Führen ist zu Deutsch
Was auf den ersten Blick ein wenig suspekt wirkt, wird es auf den zweiten Blick verständlich. Mit Führung ist zu Deutsch ist gemeint, dass in den Führungsaufgaben häufig das interkulturelle Verständnis fehlt oder der Umgang mit Kollegen anderer Nationen und Kulturen unsicher wirkt. Die Führungskräfte von heute sollten die kulturellen Unterschiede im persönlichen und beruflichen Umgang mit Kollegen und Geschäftspartner besser verstehen und kennen-lernen. Konzerne oder Unternehmen, die global vernetzt sind, brauchen Führungskräfte, die weltgewandt und ein breites Verständnis für internationale Märkte und deren Gepflogenheiten haben. Dies ist ein Bereich, der in der Personal- und Organisationsentwicklung als interkulturelles Management angesehen wird.

5. Führung ist männlich
Gemäß des Führungskräfte Monitors 2012 ist der Anteil von Frauen in Führungspositionen innerhalb der Privatwirtschaft seit 2001 bis 2010 von 22 auf 30% gestiegen. Schaut man sich die Vorstände der 200 größten Unternehmen an, so sind es nur 3% Frauen, die in der oberen Riege des Managements tätig sind. Eine erschreckende Zahl. Bedenkt man, dass 50% der Weltbevölkerung weiblich ist, dann sind diese Prozentzahlen bedenklich. Weitere Informationen für weibliche Führungskräfte finden Sie hier

6. Führungsart ist zu konventionell 
Die deutsche Führungskultur ist geprägt durch eine hohe Leistungs- und Zukunftsorientierung, aber auch durch ein hohes Maß an Vermeidung von Innovationen, so die GLOBE-Studie. Wir zeichnen uns durch ein hohes Leistungsniveau aus, welches durch kognitive Entscheidungen geprägt ist. Es wird mehr durch Sach-Logik geführt und entschieden als das Kreative zu fördern. Der Assistant Professor der Harvard Business School, Mukunda, geht sogar noch einen Schritt weiter, er ist der Auffassung, dass „wirklich herausragende Führungskräfte diejenigen sind, die Entscheidungen treffen, die niemand anderes so getroffen hätte und die damit auch noch Erfolg haben.“ Diese Eigenschaft ist gemäß seinen Forschungsergebnissen eher in der Gruppe der „Seiteneinsteiger“ einzuordnen.

7. Es mangelt an Klarheit und Konsequenz
Der Trend die Arbeitgebermarke zu stärken, das Unternehmensimage zu fördern und vermehrt auf Work-Life-Balance zu achten, ist zwar eine zeitgemäße Einstellung und teilweise auch für das Betriebsklima schön, aber verschiebt den Blick für das Wesentliche. Die Arbeitsmoral und Leistung wird nicht besser indem Massagen angeboten werden oder man sich duzt, sondern durch konkrete Ziele und durch das konsequente Einhalten der Unternehmensspielregeln, die für alle Hierarchieebenen gleichermaßen gültig sind. Erneut treffen wir innerhalb dieser These auf das Thema der Kommunikation. Untersuchungen der Personalberatung LAB & Company in Verbindung mit der Hochschule in Coburg haben ergeben, dass 50% der Top-Manager ihre Mitarbeiter nur unzureichend über wichtige Unternehmensvorgänge informieren. 49% der Führungskräfte sorgen nicht für klare Zuständigkeitsverhältnisse und 44% kommunizieren mangelhaft wenn es um ihre Erwartungen und Ziele für die Mitarbeiter geht. Organisations- und Personalentwicklungsprozesse brauchen ehrliche und direkte Kommunikation.

8. Keine Garantien für den Führungserfolg
Um erfolgreich zu führen gibt es kein allumfassendes Patentrezept. Viele unterschiedliche Faktoren beeinflussen den Führungserfolg und dieser ist somit nur schwer planbar. Wechselnde Rahmenbedingungen, unterschiedliche Führungspersönlichkeiten und zwischenmenschliche Beziehungen nehmen Einfluss auf das Verhalten und den Erfolg. Führung ist dann erfolgreich, wenn es gelingt, das Führungsverhalten an die Herausforderungen des stetigen Prozesses der Veränderung anzupassen.

9. Konsequenzen bei Führungsversagen fehlen
82% der Unternehmen sehen keinen Anlass sich von Führungskräften zu trennen, die ein schlechtes Führungsverhalten an den Tag legen. (Gemäß einer Studie der HS Osnabrück). Ich bin gewiss kein Mensch, der leichtfertig Kündigungen empfiehlt, sondern durchaus erst genauer hinschaut und über die Option eines anderen Einsatzes im Unternehmen nachdenkt, dennoch darf schlechte Performance weder auf fachlicher noch auf menschlicher Ebene ohne Konsequenzen bleiben. Ich sehe auch durchaus einen möglichen Fehler bei dem Unternehmen selbst, das wie unter Punkt 1 genannt, die falsche Person an der falschen Stelle eingesetzt hat. ABER wenn dies erkannt wird, muss gehandelt werden. Ein Aussitzen verschlechtert die Stimmung und die Performance im Team und reduziert den Unternehmenserfolg.

10. Führungskompetenz ist nur zum Teil erlernbar
Selbstverständlich können fundierte Fachkenntnisse, Durchsetzungsvermögen und Flexibilität erlernt werden, jedoch sind der wirkliche Wille und das Talent zu führen die ausschlaggebende Basis. Erst wenn ein Mensch beides besitzt, kann das Fördern von fachlichen und zwischenmenschlichen Kompetenzen zielführend sein.

Quelle: BPM Bundesverband der Personalmanager